Wegleitung zum Erhebungsbogen Kostenrechnung für die Tarife 2024 für Verteilnetzbetreiber

2    Infrastruktur (Kostenrechnung Kapitel 2)

2.1    Übersicht Anlagen (Kostenrechnung Kapitel 2.1)

Das Formular «Übersicht Anlagen» ist von allen Netzbetreibern auszufüllen und zeigt die technische, regulatorische und finanzbuchhalterische Basis Ihrer Kapitalkosten. Dazu werden die wesentlichen technischen Elemente Ihres regulatorischen Anlagevermögens abgefragt und allgemeine buchhalterische Fragen sowie Fragen zur Bewertung Ihres regulatorischen Anlagevermögens und zur Aufnahme von Anlagen in Ihr regulatorisches Anlagevermögen (regulatorische «Aktivierung») gestellt.

Basis für die Deklaration und Erfassung der Anlagen des betriebsnotwendigen Vermögens ist Ihr regulatorisches Anlagegitter. Die Bewertung der Anlagen erfolgt gemäss Artikel 15 Absatz 3 StromVG. Zu den Grundsätzen der Bewertung, Abschreibung und der Aufnahme der Anlagen in das regulatorische Anlagevermögen existieren eine breite Gerichtpraxis sowie diverse rechtskräftige Verfügungen der ElCom.

Bitte beachten Sie, dass die ElCom jederzeit Einsicht in die Grundlagen Ihrer Bewertung sowie Ihr regulatorisches Anlagegitter verlangen kann (Art. 22 Abs. 2 Bst. b StromVG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 StromVG). Bitte stellen Sie daher sicher, dass Sie die bewertungsrelevanten Unterlagen auch über die übliche Aufbewahrungsdauer für Geschäftsunterlagen (vgl. Art. 958f Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fünfter Teil: Obligationenrecht] vom 30. März 1911 [OR, SR 220]) hinaus aufbewahren und so gewährleisten, dass diese über die gesamte regulatorische Lebensdauer der Anlage vorliegen. Bitte achten Sie auch im Falle von Netzübernahmen darauf, solche Unterlagen im Rahmen der Transaktion mit der Anlage übernehmen zu können.

 

2.1.1    Deklaration betriebsnotwendiger Anlagen

Geben Sie hier die Anzahl der betriebsnotwendigen Anlagen, einschliesslich bereits abgeschriebener aber noch genutzter Anlagen an. Im Auftrag von Kunden betriebene Anlagen («Kundenanlagen») und lediglich gemietete Anlagen sind hier nicht zu erfassen.

 

2.1.2    Nutzungsrechte

Geben Sie nur Anlagen und Nutzungsrechte an, welche Ihrem regulatorischen Anlagenvermögen zugeordnet sind. Verfügen Sie über anteilige Nutzungsrechte, geben Sie hier lediglich Ihren Anteil an (Bsp.: Besitzen Sie 5 Unterwerke und ein Nutzungsrecht für 30 Prozent an einem weiteren Unterwerk, dann tragen Sie 5.3 ein).

Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang, dass die Entgelte an Dritte für die Einräumung von Rechten und Dienstbarkeiten im Zusammenhang mit dem Netzbetrieb gemäss Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c StromVG den Betriebskosten zuzurechnen sind. Dieser Gesetzesartikel ist seit 1. Juni 2019 in Kraft. Die ElCom akzeptiert keine nach diesem Datum ins regulatorische Anlagevermögen aufgenommenen Dienstbarkeiten und Nutzungsrechte. Der Wortlaut dieses Artikels unterscheidet nicht zwischen einem einmaligen Entgelt und einem wiederkehrenden Entgelt (vgl. Verfügung der ElCom 25-00070 vom 12. Dezember 2019, Rz. 98 ff.).

 

2.1.3    Investitionen

Geben Sie bitte die gesamte Investitionssumme im Tätigkeitsbereich Netz an, d. h. bereinigen Sie diese nicht um Beiträge und Zahlungen durch Dritte (d. h. abgefragt wird die Brutto-Investition vor Reduktion durch Zahlungen Dritter wie z. B. Anschlussbeiträge).

Beachten Sie: Unter Brutto-Investition sind Zugänge von Anlagen während des Basisjahrs aufzuführen. Zusätzlich sind auch die Investitionen in Anlagen im Bau anzugeben, für welche  eine Aufnahme in das regulatorische Anlagevermögen vorgesehen ist (zur Aufnahmefähigkeit von Anlagen im Bau bzw. von Anlagen vgl. 2.2.2 sowie 2.2.6).

2.1.4    Finanzbuchhalterische Werte und regulatorisches Anlagevermögen

Es werden im vorliegenden Formular sowohl Angaben über ihre finanzbuchhalterischen Werte als auch die Werte gemäss dem regulatorischen Anlagevermögen abgefragt (vgl. auch 2.1 oben). 

Geben Sie bitte die Summe der finanzbuchhalterischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten aller bestehenden Anlagen am Ende des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahrs an, d.h. die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellkosten zum Bilanzstichtag (d. h. Werte am 30.09.20xx bei Verwendung hydrologisches Jahr oder am 31.12.20xx bei Verwendung Kalenderjahr als Geschäftsjahr). Es handelt sich damit um Anlagewerte vor Abschreibungen.

Geben Sie weiter an, ob Sie für die Aktivierung von Vermögensgegenständen oder von Projektkosten in Ihrer Finanzbuchhaltung dieselbe Aktivierungsgrenze verwenden wie für die Aufnahme von Anlagen in das regulatorische Anlagevermögen als Basis für die Bestimmung Ihrer regulatorischen Kapitalkosten. 

Es wird ebenfalls abgefragt, ob Sie für die Bestimmung des aktivierungsfähigen Aufwands in der Finanzbuchhaltung dieselben Kriterien verwenden, wie für die Aufnahme von Kosten im regulatorischen Anlagevermögen (Abgrenzung «CAPEX» und «OPEX»). Wenn die Aktivierungshöhe (Betrag) und die Aktivierungskriterien in der Finanzbuchhaltung und für die Aufnahme von Werten im regulatorischen Anlagevermögen identisch sind, beantworten Sie die Frage mit «ja». 

Unter «Aktivierungskriterien» sind in diesem Zusammenhang die Regeln gemeint, welche definieren, wie Sie bei der Aktivierung der Kosten vorgehen. Beispiel: Aktivierungshöhe TCHF 100 / Aktivierungskriterium: Nur Neuinvestitionen werden aktiviert. In diesem Fall würde das Aktivierungskriterium verhindern, dass eine Ersatzinvestition aktiviert wird, auch wenn die Ausgaben dafür höher sind als TCHF 100. 

2.1.5    Fonds für Spezialfinanzierungen und Ökofonds

Beachten Sie, dass die Bildung von Kapital für Investitionen und Spezialprojekte regulatorisch nicht vorgesehen ist. Wenn Sie Tarifkomponenten vorsehen, welche zusätzlich zu den anrechenbaren Kosten gemäss der Stromversorgungsgesetzgebung als Zuschlag für solche Fonds vorgesehen sind, dann dürfen Sie diese Zuschläge nicht über die Netz- oder Energiekosten erheben, sondern müssen separat (z. B. über eine Abgabe, wofür eine gesetzliche Grundlage notwendig ist) erhoben werden.

Werden Investitionen im Netz schliesslich mit solchen Mitteln finanziert, dann müssen sie als Beiträge und Zahlungen durch Dritte behandelt und vom regulatorischen Anlagevermögen in Abzug gebracht werden.

Beachten Sie, dass Risikoprojekte bzw. neue Investitionen nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch regulatorisch über das Eigenkapital als Risikokapital der Unternehmung, d. h. über den Eigenkapitalanteil des WACC als «Gewinn» gedeckt sind. Verluste aus solchen Projekten, welche allenfalls scheitern und die in der Finanzbuchhaltung erfolgswirksam abgeschrieben werden, können daher regulatorisch grundsätzlich keine anrechenbaren Kosten bilden, sondern müssen wie bei Unternehmen im Markt durch das Eigenkapital getragen werden.

 

2.1.6    Öffentliche Beleuchtung

Als anrechenbare Kosten gelten gemäss Artikel 15 Absatz 1 StromVG die Kosten eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes. Folglich sind Kosten, die diese Bedingungen nicht erfüllen, auch nicht anrechenbar. Dazu gehören beispielsweise diverse netzfremde Tätigkeiten wie öffentliche Beleuchtung oder administrative Tätigkeiten für andere Geschäftsbereiche.

Wenn Sie für die Gemeinde den Betrieb der öffentlichen Beleuchtung verantworten, dann handelt es sich hier um eine Dienstleistung, welche «auf Armeslänge» durchgeführt werden muss. Erbringen Sie Leistungen für die öffentliche Beleuchtung mit Ressourcen aus dem Netzbereich, dann sind die Leistungen entsprechend zu verrechnen und der Ertrag den anrechenbaren Netzkosten in Abzug zu bringen. 

Beachten Sie zudem, dass Anlagen der öffentlichen Beleuchtung, welche durch die Gemeinde finanziert wurden, sich jedoch im finanzbuchhalterischen Anlagevermögen des Netzbetreibers befinden, aus obigen Gründen nicht im regulatorischen Anlagevermögen eingerechnet werden dürfen (vgl. auch Kapitel 3.2.18.7).

 

2.1.7    Netzerwerb nach 1999

Geben Sie bitte an, ob Sie nach 1999 Netze erworben haben. Falls ja, bitte beantworten Sie zusätzlich die Frage, wie hoch die Summe der Restwerte der seit 1999 erworbenen Netze, die in die Kalkulation der Netzkosten einfliessen (bezogen auf den Stichtag des Anlagevermögens) war. Listen Sie zudem die seit 1999 gekauften Netze inkl. der Restwerte zum Übernahmedatum auf.

2.1.8    Technische Angaben

2.1.8.1    Trassee Rohranlagen HS, MS und NS

Geben Sie hier unabhängig von den Netzebenen die Gesamtlänge Ihrer Trassen an (reine Laufmeterzahl). Eine unterirdische Trasse kann aus einem oder auch mehreren Rohren (Kabelrohrblock) bestehen. Die Länge der Trasse entspricht der einfachen Länge des Rohrblocks. Eine Trasse wird in der Regel bis zur Eigentumsgrenze des VNB berücksichtigt. Oberirdische Fluss-, Strassenquerungen, etc. werden ebenfalls zu den Trassen gerechnet.

2.1.8.2    Kabel Hausanschlüsse

Geben Sie hier die Kabellänge ab Eigentümergrenze (Parzellengrenze oder Netzanschlussstelle) bis zum Hausanschlusskasten an. Falls Sie die Kabellängen nicht getrennt erfasst haben, tragen Sie bitte einen Schätzwert ein und vermerken Sie dies im Feld «Bemerkungen» (siehe auch Empfehlung Netzanschluss für Endkunden bis 36 kV, VSE Ausgabe 2013).

2.1.8.3    Freileitungen

Geben Sie hier bitte die Stranglänge (in Strang - km) an (Bsp. 1km MS-Leitung, 3 Polleiter entsprechen einem Strang = 1 km) vgl. auch VSE - Dokument NBVN-CH Ausgabe 2007.

2.1.8.4    Unterwerke

Es sind auch die Anteile an Anlagen, an welchen Sie nur über anteilige Nutzungsrechte verfügen (z.B. 5.3 Einheiten) anzugeben, sofern das Nutzungsrecht vor dem 1. Juni 2019 erworben wurde (vgl. 2.1.2) . Gemietete Anlagen, welche nicht im Anlagespiegel enthalten sind, gehören nicht dazu (vgl. 2.1.1). Bitte die installierte Leistung (kVA) angeben.

2.1.8.5    Transformation NE 5

Bitte geben Sie bei der Transformation zusätzlich die Spannung an, welche Sie transformieren (z. B. 36/11KV).

2.1.8.6 Messpunkte

Messpunkt ist der Netzpunkt, an dem ein eingehender bzw. ausgehender Energiefluss erfasst und gezählt oder registriert wird (Art. 2 Abs. 1 Bst. c StromVV). Anzugeben sind alle Messpunkte Ihrer Endverbraucher, Erzeuger und Speicher und der Übergabestellen Ihrer Nachlieger, inklusive Ihrer internen Messpunkte.

Vorliegend werden die Messpunkte inklusive interne Messungen (Betriebsmessungen) erfragt – dies im Gegensatz zu den Abfragen in Kapitel 1.2.4, wo die Messpunkte exklusive der betriebsinternen abgefragt werden.

Geben Sie bitte auch die Anzahl aller Ihrer Lastgangmessungen mit einer Fernauslesung (vgl. Art. 31l Abs. 1 und 2 StromVV) an sowie die Anzahl Ihrer mit Artikel 8a und 8b StromVV konformen Messungen.

2.2    Anlagespiegel historisch (Kostenrechnung Kapitel 2.2)

 

2.2.1    Vorbemerkung

 

2.2.1.1    Anlagen gemäss historischer Bewertung

In diesem Formular sind die Vermögensgegenstände zu deklarieren, deren Bewertung auf historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten basiert. Die Angaben sind für jede Netzebene separat zu machen. Massgebend für die Netzbewertung der historisch bewerteten Anlagewerte sind die tatsächlichen, beim Bau der Anlage entstandenen Kosten. Diese Kosten sind vom Netzbetreiber der ElCom auf Verlangen nachzuweisen. Der Nachweis, dass die Kosten der Anlage beim Bau entstanden sind, kann z.B. mit folgenden Unterlagen erbracht werden:

  • Investitions- oder Bestandesrechnungen,
  • Abrechnungen der beim Bau entstandenen Kosten (z. B. Baukostenabrechnungen),
  • Verträge, welche entsprechende Zahlenwerte enthalten (z.B. Verträge zu Miteigentum) oder
  • Grundbuchbelege für den Nachweis von Grundstückspreisen.

2.2.1.2    Voll- vs. Light-Version

Das Formular «Anlagespiegel historisch» ist von allen Netzbetreibern auszufüllen. Beachten Sie, dass die nachfolgend aufgeführten Regeln zu Bewertung und zur Aufnahme in das regulatorische Anlagevermögen unabhängig von der Version des Formulars «Voll» oder «Light» für alle Netzbetreiber gelten. 

2.2.1.3    Basisjahrprinzip und Referenzzeitraum für Abschreibungen 

Die Anlagewerte sind per Bilanzstichtag des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahrs zu deklarieren. Abschreibungen betreffen in der Regel 12 Monate, d. h. der Referenzzeitraum der Abschreibungen sollte jeweils die Monate vom 1.1. bis zum 31.12. oder vom 1.10. bis zum 30.9. umfassen. 

2.2.1.4    Zu- und Abgänge

Die historischen Anschaffungs- bzw. Herstellkosten zum jeweiligen Bilanzstichtag (per Ende des Geschäftsjahrs; 1. Block von Formular 2.2) sind inklusive der Zugänge (2.  Block von Formular 2.2) und nach Abzug der Abgänge (3.  Block von Formular 2.2) des jeweiligen Geschäftsjahrs anzugeben.

Zu- und Abgänge des jeweiligen Geschäftsjahrs sind brutto, d. h. zu ihren historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten zu erfassen. Wir gehen davon aus, dass Zu- und Abgänge in der Kostenrechnung grundsätzlich gleich gehandhabt werden wie in der Finanzbuchhaltung. Sollten Sie eine andere Vorgehensweise praktizieren, tragen Sie bitte die Zu- und Abgänge ein, die Sie im Rahmen Ihrer Kalkulation tatsächlich berücksichtigt haben. Diskrepanzen zur Finanzbuchhaltung erläutern Sie bitte im Feld für Bemerkungen.

2.2.2    Beziehung regulatorisches Anlagevermögen und Werte Finanzbuchhaltung

Basis für die Berechnung der Kapitalkosten ist das betriebsnotwendige Vermögen. Dieses definiert sich über das regulatorische Anlagegitter. Das Bundesgericht hielt fest, dass als Basis für die Berechnung von kalkulatorischen Zinsen und Abschreibungen nicht der Buchwert der Anlagen in der Finanzbuchhaltung, sondern der Anlagenrestwert gemäss der regulatorischen Kostenrechnung massgeblich sei. 

Die Vorgaben des Rechnungslegungsrechts zur Aktivierung sind im Zusammenhang mit der Berechnung der anrechenbaren Kapitalkosten gemäss StromVG nicht massgeblich (vgl. dazu Art. 11 Abs. 1 StromVG; Art. 7 StromVV). Die regulatorische Kostenrechnung, in welcher das regulatorische Anlagevermögen zu deklarieren ist, kann aus verschiedenen Gründen von der Finanzbuchhaltung abweichen. Da die Buchwerte nicht massgebend sind, darf zur Bestimmung der anrechenbaren Kapitalkosten ebenso wenig auf die Aktivierungspraxis in der Finanzbuchhaltung abgestellt werden (BGE 138 II 465 E. 4.6.2 und 6.3.2).  Als Anschaffungs- bzw. Herstellkosten gelten nur die Baukosten der betreffenden Anlagen (Art. 13 Abs. 2 StromVV). Ins regulatorische Anlagevermögen dürfen somit nur Anlagen aufgenommen werden, deren Kosten gemäss Stromversorgungsgesetzgebung als Kapitalkosten anrechenbar sind. 

Für die Berücksichtigung von Kosten im regulatorischen Anlagevermögen ist vorausgesetzt, dass diese in einem direkten Zusammenhang zum Bau der Anlagen stehen, denen sie mit Bezug auf die Nutzungsdauer zugeordnet wurden. Die geltend gemachten Kosten müssen für die Inbetriebnahme und Aufrechterhaltung des Netzbetriebs der betreffenden Anlagen erforderlich sein, so dass es sich rechtfertigt, sie als Bestandteil der kalkulatorischen Anlagerestwerte während der Nutzungsdauer zu verzinsen.

Die Restwerte der Finanzbuchhaltung und des regulatorischen Anlagegitters werden regelmässig unterschiedlich sein. Dies ist u. a. gegeben durch die Unterschiede zwischen den Aktivierungsregeln der Finanzbuchhaltung und der Möglichkeit, Anlagen gemäss den Vorgaben der Stromversorgungsgesetzgebung in das regulatorische Anlagevermögen aufzunehmen. Im Weiteren unterscheiden sich üblicherweise die Nutzungsdauern und die Abschreibungsmethoden zwischen der Finanzbuchhaltung und den Vorgaben der Stromversorgungsgesetzgebung. 

 

2.2.3    Kosten für Abbruch, Rückbau oder Provisorien

Nicht in das regulatorische Anlagevermögen aufgenommen werden dürfen Kosten für Abbruch, Rückbau oder Provisorien. Diese sind nicht Bestandteil der neu erstellten Anlagen und damit deren Anschaffungs- und Herstellkosten (Art. 15 Abs. 3 StromVG). Solche Kosten dürfen damit nicht als ursprüngliche Anschaffungs- und Herstellkosten zu den anrechenbaren Kapitalkosten hinzugerechnet werden, sondern können lediglich einmalig in die Betriebskosten der betreffenden Jahre eingerechnet werden. 

 

2.2.4    Projekte und Projektkosten

Zur Bestimmung, ab wann im Rahmen eines Projektes die Kosten zu Werten führen, die im regulatorischen Anlagevermögen aufgenommen werden dürfen bzw. welche Kosten Betriebskosten darstellen, kann die Abgrenzung grundsätzlich über die Projektphasen erfolgen. Sämtliche Kosten, welche im Zusammenhang mit der reinen Planung stehen wie die Ausarbeitung von Varianten, die Vorbereitung des Projektes, die Erstellung von Plänen, die Arbeiten im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Leistungen etc. bilden Betriebskosten. Sie bilden nicht direkt Bestandteil der neuen Anlagen und dürfen daher nicht deren Baukosten zugeschlagen werden. Kosten, die ins regulatorische Anlagevermögen aufgenommen werden dürfen, entstehen erst in der Realisierungsphase eines Projektes. 

 

2.2.5    Unterhaltskosten und Ersatzinvestitionen

Unterhaltskosten sind keine Baukosten und dürfen bei der Berechnung der anrechenbaren Kapitalkosten nicht mit einbezogen werden. Sie können allenfalls als Betriebskosten anerkannt werden, falls sie zur Gewährleistung eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes erforderlich waren (Art. 15 Abs. 1 StromVG, vgl. auch ANDRE SPIELMANN in: Kommentar zum Energierecht, Brigitta Kratz / Michael Merker / Renato Tami / Stefan Rechsteiner / Kathrin Föhse [Hrsg.], Band I, Bern 2016, Art. 15 StromVG, Rz. 10).

Ersatzinvestitionen hingegen können in das regulatorische Anlagevermögen aufgenommen werden. Bedingung ist allerdings, dass diese transparent als separate Anlageteile geführt werden und nicht einer bestehenden Anlage zugeschlagen werden («Anlageverjüngung»). Ebenfalls ist zu beachten, dass die ersetzten oder abgebrochenen Anlageteile aus dem regulatorischen Anlagevermögen zu entfernen sind (Sonderabschreibung). 

 

2.2.6    Anlagen im Bau

Anlagen im Bau können in das regulatorische Anlagevermögen aufgenommen werden, solange sie noch nicht in Betrieb sind. Bitte beachten Sie, dass Zinsen für allfällige Kredite für die Erstellung solcher Anlagen nicht zusammen mit den Kosten dieser Anlage als regulatorischer Wert aufgenommen werden dürfen.

Kosten für lediglich geplante Anlagen sind nicht als Anlagen in Bau anrechenbar (siehe Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2876/2010 vom 20. Juni 2013, E. 6.4). Die eingereichten Anlagenrestwerte dürfen daher keine Positionen enthalten, welche lediglich geplante Anlagen betreffen.

Anlagen im Bau werden während ihres Baus nicht abgeschrieben. Gemäss Praxis der ElCom erfolgt die Inbetriebnahme mit der Verwendung der Anlagen für den Netzbetrieb. Für die Überführung von Anlagen im Bau in das regulatorische Anlagevermögen gemäss Stromversorgungsgesetzgebung ist somit die technische Inbetriebnahme einer Anlage massgebend. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Anlage daher auch abzuschreiben (vgl. auch 2.2.15). Aus regulatorischer Sicht ist das Umbuchungsdatum in der Finanzbuchhaltung – d. h. die Überführung von Anlagen im Bau zu Anlagen in Betrieb, die abschreibepflichtig sind – nicht relevant.

Die ElCom geht in ihrer Beurteilung vom technischen Inbetriebnahmedatum aus. Dies ist ein geeigneter Anknüpfungspunkt, da dieser definiert, ab wann eine Anlage tatsächlich ihrem Zweck zugeführt und dafür verwendet wird. Zuerst ist zu beurteilen, ob die Anlage dem Betrieb des Netzes – wie zum Beispiel eine Leitung – oder zu dessen Erstellung – zum Beispiel ein Kran oder eine Bahn – dient. Danach wird beurteilt, ab welchem Zeitpunkt die Anlage in Betrieb genommen wurde.

Bei einer elektrischen Leitung stellt die tatsächliche Verwendung für den Stromtransport die technische Inbetriebnahme dar. Der Kabeleinzug allein reicht nicht aus, um eine technische Inbetriebnahme zu begründen. Dieselbe Argumentation gilt auch für Anlagen wie Trassees, Kabelrohrblöcke und Kabelbankette. Diese Anlagen werden bei erstmaligem Stromdurchfluss der Kabel aktiviert und abgeschrieben. Auch ein nicht an den Stromkreislauf angeschlossener Transformator ist ein gutes Beispiel für eine Anlage im Bau. Berücksichtigen Sie den Zeitpunkt, ab dem Sie die Anlage für den Stromtransport verwenden können. Bei elektrischen Anlagen ist beispielsweise die technische Fertigstellungsanzeige gegenüber dem ESTI ein geeigneter Anhaltspunkt für den Start der regulatorischen Abschreibepflicht.

Die regulatorische Inbetriebnahme einer Anlage, die nicht selber dem Betrieb dient, aber dem Bau solcher Anlagen wie beispielsweise der Bau eines grösseren Krans oder einer Transportbahn, sind ebenfalls dann im regulatorischen Anlagevermögen aufzunehmen und folglich abzuschreiben, wenn sie ihrem Verwendungszweck zugeführt werden können: Die gesetzliche Formulierung «Gewährleistung eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes» umfasst nicht nur den Netzbetrieb, sondern auch die Erstellung des für den Betrieb notwendigen Netzes. Dazu gehören auch Anlagen, die der Erstellung von Netzanlagen dienen; also etwa ein Kran oder eine Transportbahn.

Die ElCom hat das Thema in zwei Verfügungen vom Frühling 2018 und Herbst 2019 bezüglich Anlagen auf dem Übertragungsnetz eingehend behandelt (vgl. Verfügungen der ElCom 25-00100 vom 11. September 2019 sowie 25-00062 vom 6. März 2018).

 

2.2.7    Kaufpreise

Für die Ermittlung der ursprünglichen Anschaffungs- beziehungsweise Herstellkosten ist soweit möglich auf die damaligen tatsächlichen Kosten abzustellen. Artikel 13 Absatz 2 StromVV präzisiert, als Anschaffungs- beziehungsweise Herstellkosten gelten nur die Baukosten der betreffenden Anlage. Damit wollte der Verordnungsgeber sicherstellen, dass der bei einer Handänderung bezahlte Preis keine Relevanz für die Bestimmung der Kapitalkosten hat. Mit den «ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellkosten» sind diejenigen Kosten gemeint, welche im Zusammenhang mit der anfänglichen Errichtung der Anlagen aufgewendet wurden, und nicht die von einem späteren Käufer bezahlten Kaufpreise (BGE 140 II 415, E. 5.5.3 und 5.9). Alle Anlagenwerte sind daher von allfälligen Kaufpreisen zu bereinigen und es sind die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellkosten gemäss Artikel 15 StromVG einzusetzen, auch wenn es sich dabei um konzerninterne Netzkäufe und Netzüberlassungen durch die Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft handelt (vgl. statt vieler Verfügung der ElCom 25-00100 vom 11. September 2019, Rz. 47). Kaufpreise sind nicht zulässig, sondern es sind die Restwerte per Kauf auf der Basis der ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellkosten des ursprünglichen Eigentümers einzusetzen. 

 

2.2.8    Transaktionskosten und Anlagenebenkosten

Unter «Transaktionskosten» werden jene spezifischen Kosten verstanden, die bei einem Netzbetreiber aufgrund der Übernahme von Anlagen bzw. dem Kauf von Anlagen und Netzen entstanden sind (vgl. hierzu Verfügung 25-00070 vom 19.12.2019 der ElCom).
 Für die Berücksichtigung von Kosten im regulatorischen Anlagevermögen ist vorausgesetzt, dass diese in einem direkten Zusammenhang zum Bau der Anlagen stehen, denen sie mit Bezug auf die Nutzungsdauer zugeordnet wurden. Die geltend gemachten Kosten müssen für die Inbetriebnahme und Aufrechterhaltung des Netzbetriebs der betreffenden Anlagen erforderlich sein, so dass es sich rechtfertigt, sie als Bestandteil der kalkulatorischen Anlagerestwerte während der Nutzungsdauer zu verzinsen.
 Transaktionskosten sind nicht Baukosten im Sinne von Artikel 13 Absatz 2 StromVV. Die Kosten im Zusammenhang mit einer Transaktion im Sinne von Aktivitäten für einen Kauf von Netzen oder Anlagen sind nicht unmittelbar notwendig für die Aufrechterhaltung des Netzbetriebs. Tätigkeiten wie die Prüfung des technischen Zustands einer Anlage, der Anlagedokumentation sowie die Überführung der Anlage in die Buchhaltung können daher nicht als Anlagenebenkosten aktiviert werden.

Den in der Finanzbuchhaltung verwendeten Begriff der «Anlagenebenkosten» kennt das StromVG nicht. Solche Kosten können definiert werden als Kosten, welche direkt mit der Anlage im Bau oder einer beschafften Anlage in Verbindung stehen. Dies ist etwa bei Aufstellungskosten für einen Transformator der Fall. Diese Kosten dürfen nur ins regulatorische Anlagevermögen aufgenommen werden, wenn es sich dabei um Baukosten im Sinne von Artikel 13 Absatz 2 StromVV handelt. Nur wenn sie in direktem Zusammenhang zu einer Anlage stehen, können sie zusammen mit dieser aktiviert werden.

Hinweis: Installationskosten für den Smart Meter Rollout

Gemäss KRSV-CH 2019 (und frühere) sind die Installationskosten für intelligente Messsysteme in den sonstigen Kosten als Betriebskosten enthalten (S. 27). Die ElCom übernimmt die in den Branchen-dokumenten vorgeschlagenen Lösungen, sofern sie sie als sachgerecht und als mit dem Stromversor-gungsrecht vereinbar erachtet. Sie hat die Regelung, wonach die Installationskosten für intelligente Messsysteme als Betriebskosten aufzunehmen sind, übernommen und die Kostenpositionen in der Kostenrechnung entsprechend der Regelung im KRSV-CH, Installationskosten als Betriebskosten zu deklarieren, ausgestaltet. 

Die ElCom hat an ihrer Sitzung vom 16. März 2021 diese Auffassung bestätigt. Die Aktivierung der Installationskosten würde zu einer Ungleichbehandlung derjenigen VNB führen, die bereits grossflächig ausgerollt haben und die Kosten nicht nachträglich aktivieren dürfen. Daher sind die Installationskosten für den Smart Meter Rollout explizit als Betriebskosten zu behandeln. Vgl. dazu auch 3.2.17.2.

Ab dem Geschäftsjahr 2026 dürfen die Installationskosten als Teil der Kapitalkosten behandelt werden (Art. 8abis Absatz 1 StromVV in der ab 1.  Januar 2026 geltenden Fassung).

2.2.9    Grundstücke

Gemäss Artikel 216 Absatz 1 OR bedarf der Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks der öffentlichen Beurkundung. Ein wesentlicher Punkt dieses Vertrages ist der Kaufpreis. Um ein Grundstück zu Eigentum zu erwerben, muss der Erwerb ins Grundbuch eingetragen werden (Art. 656 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 [ZGB; SR 210]). Dabei dient der Kaufvertrag als Beleg für das Grundbuch (Art. 948 Abs. 2 ZGB). Die Belege sind gemäss Artikel 37 Absatz 2 der Grundbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV; SR 211.432.1) unbefristet aufzubewahren. Zumindest Kopien des Kaufvertrages sind daher beim Grundbuchamt erhältlich zu machen. Grundstücke sind daher weder synthetisch noch unter Verwendung von Verkehrswerten zu bewerten (vgl. statt vieler Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2654/2009, E. 8.6.2; Verfügung der ElCom 25-00100 vom 11. September 2019, Rz. 54 f.). 

 

2.2.10    Aktivierte Eigenleistungen

Als anrechenbare Kosten gelten die Betriebs- und Kapitalkosten eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes. Sie beinhalten einen angemessenen Betriebsgewinn (Art. 15 Abs. 1 StromVG). Unternehmens- oder konzernintern verrechnete Leistungen sind höchstens zu den Kosten anrechenbar, wie wenn sie vom Netzbetrieb selbst erbracht worden wären. Der angemessene Betriebsgewinn nach Artikel 15 Absatz 1 StromVG darf durch intern verrechnete Leistungen jedoch nicht überschritten werden (vgl. hierzu Verfügung der ElCom 25-00070 vom 19. Dezember 2019).

Werden Eigenleistungen mit den Ressourcen des Netzes erbracht, sind die entsprechenden Kostenpositionen in den Netzkosten um den Wert der erbrachten Eigenleistungen zu entlasten (Ausweis in der Position «sonstige Erlöse», vgl. Absatz 3.2.21.2 unten).

Werden Anlagen erarbeitet mit eigenen Ressourcen, welche anschliessend im regulatorischen Anlagevermögen als Basis für die Abschreibungen und die kalkulatorische Verzinsung und damit der anrechenbaren Kapitalkosten aufgenommen werden, dürfen die Eigenleistungssätze keine Kapitalkostenbestandteile (z. B. Zinsen, Abschreibungen) enthalten. Ansonsten findet eine Doppelbelastung statt.

 

2.2.11    Zahlungen von Dritten, Investitionszuschüsse und Zahlungen für Netzverstärkungen

Beiträge und Zahlungen von Dritten sowie Investitionszuschüsse für Investitionen wie z. B. Zahlungen für Verlegungen von Leitungen oder Unterwerken bzw. Transformationsstationen im Zuge von Autobahn- oder Eisenbahnbauten oder Beiträge von Dritten an Netzverstärkungen (Art. 13e Abs. 4 StromVV) sind vom regulatorischen Anlagevermögen in Abzug zu bringen und dort transparent auszuweisen. Die ElCom erachtet die Aufnahme solcher Positionen als Negativposition im regulatorischen Anlagegitter mit gleicher Abschreibung wie die zugrundeliegende Investition (sog. Bruttomethode) als geeignet, diese Transparenz sicherzustellen.

Die Kosten für notwendige Netzverstärkungen im Zusammenhang mit Produktionsanlagen nach Artikel 15b StromVG müssen gemäss Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe h StromVV separat ausgewiesen werden.

 

2.2.12    Schlüsselung von Anlagewerten

Sofern Sie anhand Ihrer Unterlagen nur die historischen Gesamtsummen, nicht aber die Werte der einzelnen Anlagen feststellen können, können Sie die Summen anhand von sachgerechten Schlüsseln auf die Anlagen verteilen. Falls die Anlagen synthetisch bewertet sind, können Sie die Verhältnisse gemäss Ihrer synthetischen Bewertung als Basis für die Aufteilung in die verschiedenen Anlageklassen verwenden. Unabhängig von der gewählten Methode ist jedoch zu beachten, dass die so ermittelten AHK-Werte – einmal mit der Schlüsselung festgelegt – über ihre regulatorische Lebensdauer ihren Wert stetig beibehalten.

 

2.2.13    Behandlung der Unterwerke / Trafostationen

Das Branchendokument «Netznutzungsmodell für das Schweizerische Verteilnetz» (NNMV – CH; VSE 2014, Ziff. 3) sieht vor, dass Unterwerke/Trafostationen entweder nur auf den geraden Netzebenen aufgeführt werden oder aber deren Leitungsfelder den ungeraden Netzebenen zugeteilt werden. Wir haben der Branchenlösung Rechnung getragen und beim Aufbau des Erhebungsbogens beide Varianten berücksichtigt. 

Weisen Sie sämtliche Kosten der Unterwerke so aus, wie Sie diese für die Kostenrechnung aufgeteilt haben. Wenn Sie die Leitungsfelder dem Unterwerk zugeordnet haben, tragen Sie die entsprechenden Kosten hier ein, andernfalls deklarieren Sie diese bei den Leitungen. Auch für die Zuordnung der Kosten auf die Netzebenen bildet Ihre interne Kostenrechnung die Grundlage.

 

2.2.14    Grundsätze für die Aufnahme von weiteren Positionen in das regulatorische Anlagevermögen

Grundsätzlich dürfen nur Positionen in das regulatorische Anlagevermögen aufgenommen werden (im regulatorischen Anlagevermögen «aktiviert» werden), denen eine länger anhaltende Investition gegenübersteht, welche einer bestimmten Anlage zugeordnet werden kann, die notwendig ist für den Betrieb eines sicheren und effizienten Netzes. In diesem Kontext ist besonders auf die Zuordnung von Projektkosten im Rahmen von Neuerstellung bzw. Sanierung von Anlagen zu achten (vgl. 2.2.5).

So dürfen beispielsweise Kosten für die Planung von Varianten oder die Erstellung von Plänen nicht im regulatorischen Anlagevermögen geltend gemacht werden. Ebenfalls nicht im regulatorischen Anlagevermögen geltend gemacht werden dürfen Kosten für Heliografie, Publikation,  Genehmigungsverfahren, Ausschreibung von Leistungen und weitere, vor der tatsächlichen Realisierung anfallende Kosten. 

 

2.2.15    Abschreibungen

Die Anlagen müssen über ihre Lebensdauer linear auf den Restwert Null abgeschrieben werden (Art. 13 Abs. 2 StromVV). Als Kapitalkosten können höchstens die für das betreffende Tarifjahr anfallenden kalkulatorischen Abschreibungen angerechnet werden. Die jährlichen kalkulatorischen Abschreibungen berechnen sich aufgrund der ursprünglichen AHK der bestehenden Anlagen bei linearer Abschreibung über eine festgelegte Nutzungsdauer auf den Restwert Null. Wenn eine Anlage vollständig abgeschrieben ist und ihr Restwert Null beträgt, darf keine weitere Abschreibung mehr vorgenommen werden.

Über die kalkulatorischen Abschreibungen wird der Wertverzehr der Anlagen abgebildet, unabhängig von den Werten der externen Rechnungslegung des Netzbetreibers.

Die Branche legt die jeweiligen Nutzungsdauern für die verschiedenen Anlagekategorien fest. Diese sind im Branchendokument «Kostenrechnungsschema für Verteilnetzbetreiber der Schweiz» des VSE festgehalten. Diese Abschreibungsdauern werden von der ElCom bei Tarifprüfungsverfahren berücksichtigt, sofern sie diese als sachgerecht erachtet.

Die technische Inbetriebnahme ist nach Auffassung der ElCom ein geeigneter Anknüpfungspunkt, da diese definiert, ab wann eine Anlage tatsächlich ihrem Zweck zugeführt und dafür verwendet wird (Verfügung der ElCom 211-00016 vom 17. November 2016, Rz. 151 ff.). Daraus folgt, dass die Anlage ab der technischen Inbetriebnahme abgeschrieben werden muss. Wird eine Anlage im Bau fertig gestellt, muss das Inbetriebnahmedatum als Grundlage für die Abschreibung und den regulatorischen Restwert verwendet werden (Verfügung der ElCom 211-00016 vom 17. November 2016, E. 150 ff.; Verfügung der ElCom 25-00067vom 20. Oktober 2016, Rz. 43 f. und Rz. 69; Abschlussschreiben der ElCom 212-00233 vom 21. November 2017, Ziff. 2.2).

Wird eine bereits gebrauchte Anlage erworben, ist das ursprüngliche Inbetriebnahmedatum der Anlage relevant und nicht das Datum des Kaufs oder des Tausches (ANDRE SPIELMANN in Kommentar zum Energierecht, Brigitta Kratz / Michael Merker / Renato Tami / Stefan Rechsteiner / Kathrin Föhse [Hrsg.], Band I, Bern 2016, Art. 15 StromVG, Rz. 7).

Abschreibungen können jahres- oder monatsscharf vorgenommen werden. Die erste Abschreibung findet im ersten Jahr der Inbetriebnahme statt. Wenn der Netzbetreiber das genaue Datum der Inbetriebnahme kennt und angibt, darf er die Abschreibungen im 1. Jahr monatsscharf berechnen. Damit wird die Abschreibung auch im letzten Lebensjahr der Anlage monatsscharf gerechnet. Tagesscharfe Abschreibungen im Inbetriebnahmejahr und im Jahr der Ausserbetriebnahme werden von der ElCom nicht akzeptiert.

Wenn der Netzbetreiber im regulatorischen Anlagegitter nur das Zugangsjahr führt, ist für das erste Jahr grundsätzlich eine volle Jahresabschreibung zu berücksichtigen. Alternativ kann im Zugangsjahr ein fiktives Zugangsdatum zur Mitte des Geschäftsjahrs angenommen werden (d. h. bei Kalenderjahr der 1.7., bei Hydrojahr der 1.4.) und die Anlage im Zugangsjahr erstmalig um 6 Monate, im Abgangsjahr letztmalig ebenfalls um 6 Monate abgeschrieben werden.

Nutzungsrechte und Dienstbarkeiten, soweit deren Aufnahme in das Anlagevermögen zulässig war (vgl. 2.1.2), werden über die Dauer des Vertrages abgeschrieben, höchstens jedoch über die Nutzungsdauer der mit dem Nutzungsrecht oder der Dienstbarkeit in Zusammenhang stehenden Anlage.

Ist eine Anlage vollständig abgeschrieben und beträgt ihr Restwert Null, ist keine weitere Abschreibung mehr zulässig. Bei Ausserbetriebnahme der Anlage ist ein allfällig noch vorhandener Restwert im regulatorischen Anlagevermögen vollständig abzuschreiben. Beim Anlagenabbruch ist die Anlage ebenfalls vollständig aus dem regulatorischen Anlagevermögen zu entfernen.

 

2.3    Anlagespiegel synthetisch (Kostenrechnung Kapitel 2.3)

 

2.3.1    Vorbemerkung

Das Formular «Anlagespiegel synthetisch» ist von allen Netzbetreibern auszufüllen. Bitte beachten Sie, dass die nachfolgend aufgeführten Regeln zur Bewertung und zur Aufnahme in das regulatorische Anlagevermögen unabhängig von der Version des Formulars «Voll» oder «Light» für alle Netzbetreiber gelten. 

Definition der verwendeten Begriffe:

  • Synthetische Bewertung: Ausnahmemethode gemäss Artikel 13 Absatz 4 StromVV. Die Vorgehensweise zur Ermittlung korrekter synthetischer Werte per Zugangsdatum der Anlage bzw. der entsprechenden Restwerte ist durch die Praxis der Gerichte und der ElCom definiert (vgl. unten). 
  • Wiederbeschaffungsneuwert (WBNW): Der Wiederbeschaffungsneuwert (= Wiederbeschaf-fungspreis i.S.v. Art. 13 Abs. 4 StromVV mal Menge) einer Anlage entspricht dem Wert, der für eine Neuanschaffung einer gleichwertigen Anlage aufgewendet werden muss. Er bezieht sich auf den Wert vor Abschreibungen. Der Wiederbeschaffungsneuwert ist kein gemäss StromVG zugelassener Wert. 
  • Wiederbeschaffungszeitwert (WBZW): Der Wiederbeschaffungszeitwert entspricht dem nicht rückindexierten Restwert einer synthetisch bewerteten Anlage  (Wiederbeschaffungsneuwert abzüglich der Abschreibungen bis zum Zeitpunkt t). Der Wiederbeschaffungszeitwert ist kein gemäss StromVG zugelassener Wert.
  • Anschaffungsneuwert (ANW): Der Anschaffungsneuwert bezeichnet den Wert einer synthetisch bewerteten Anlage nach Rückindexierung und Abzug gemäss Artikel 13 Absatz 4 StromVV, aber vor Abschreibungen. 
  • Anschaffungszeitwert (AZW): Der Anschaffungszeitwert entspricht dem Restwert einer synthetisch bewerteten Anlage, (Anschaffungsneuwert abzüglich der Abschreibungen bis zum Zeitpunkt t).
 
Abbildung 1: Anschaffungsneuwerte und Abzug i.S.v. Artikel 13 Absatz 4 StromVV

2.3.2    Bewertung und Nachweis synthetisch bewertete Anlagen

2.3.2.1    Voraussetzungen

Nach Artikel 15 Absatz 3 StromVG müssen die Kapitalkosten auf der Basis der ursprünglichen Anschaffungs- beziehungsweise Herstellkosten der bestehenden Anlagen ermittelt werden. Das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 3. Juli 2012 festgehalten, dass die Stromversorgungsgesetzgebung in Artikel 15 Absatz 3 StromVG primär auf die effektiven historischen Anschaffungs- und Herstellkosten abstellt. Gemäss Bundesgericht stellt die synthetische Bewertungsmethode nach Artikel 13 Absatz 4 StromVV eine Ausnahmemethode dar, die zur Anwendung kommt, wenn die ursprünglichen Kosten nicht zuverlässig ermittelt werden können (BGE 138 II 465, E. 6.2 f.).

Wer sich auf die synthetische Methode berufen will, muss glaubhaft darlegen, dass und weshalb er die historischen Werte nicht mehr ermitteln kann (Art. 8 ZGB; BGE 138 II 465. E. 6.3). Bereits in Rechnung gestellte Betriebs- oder Kapitalkosten müssen bei den synthetischen Werten abgezogen werden (Art. 13 Abs. 4 StromVV; BGE 138 II 465. E. 6.3.2).

2.3.3    Einheitswerte bzw. Wiederbeschaffungspreise

Zur Ermittlung der synthetischen Werte sind Wiederbeschaffungspreise zu eruieren. Diese basieren üblicherweise auf den Preisen vergleichbarer Anlagen, welche mit Belegen unterlegt sind («Einheitswerte pro Mengeneinheit» wie z. B. Fr./m3 oder Fr./km). Diese Belege und die Berechnungsmethode sind zu dokumentieren und die Dokumentation ist über die regulatorische Lebensdauer der so bewerteten Anlage aufzubewahren. Diese Unterlagen sind der ElCom auf Verlangen vorzuweisen.

Bei der Bestimmung der Wiederbeschaffungspreise mit Hilfe von Einheitswertenist immer die individuelle Situation des Unternehmens (Einkaufsmodalitäten, Region und Kostenstruktur in der Region, spezifische Merkmale des Bauvorhabens und die Umgebung, in welchem die Investition gebaut wurde etc.) zu berücksichtigen. Daher dürfen pauschale Einheitswerte (z. B. Übernahme von Pauschalen der Branche) nicht ohne vorgängige sorgfältige Plausibilisierung übernommen werden. Schätzungen sind grundsätzlich nicht zulässig.

 

2.3.4    Rückindexierung und zulässige Indizes

Diese so ermittelten Wiederbeschaffungswerte sind mit sachgerechten, offiziell ausgewiesenen Preisindizes auf den Anschaffungs- bzw. Herstellzeitpunkt zurückzurechnen (Art. 13 Abs. 4 StromVV). Zu diesem Zweck wurden spezifische Indizes für die Anlageklassen des Schweizer Stromnetzes erarbeitet. Ab dem Tarifjahr 2011 sind die Indizes gemäss Weisung 3/2010 der ElCom (Preisindizes zur Ermittlung der Anschaffungsneuwerte im Rahmen der synthetischen Netzbewertung nach Artikel 13 Absatz 4 StromVV, inkl. Beilage: ElCom 3/2010 – Indexreihen) anzuwenden. Diese sind abrufbar unter Weisungen.

Der Produzenten- und Importpreisindex (PPI) ist für das Verteil- und Übertragungsnetz nicht repräsentativ, da die Komponenten, die zur Erstellung von elektrischen Anlagen eingesetzt werden, nur einen sehr geringen Anteil des PPI ausmachen oder nicht im PPI enthalten sind. Aus diesem Grund ist der PPI für die Ermittlung der Anschaffungs- bzw. Herstellkosten bei Anlagen des Übertragungs- und Verteilnetzes nicht sachgerecht.

2.3.5    Individueller Abzug 20% gemäss Art. 13 Abs. 4 StromVV

Vom so synthetisch ermittelten Wert sind 20% in Abzug zu bringen (Art. 13 Abs. 4 StromVV). Der Abzug von 20% ist so lange anzuwenden, als nicht der Nachweis erbracht wird, dass er zu einer Bewertung unter den ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellkosten führt (BGE 138 II 465. E. 7.7). Gelingt dieser Nachweis, kann ein tieferer Abzug vorgenommen werden. Dieser ist dann anstelle der 20% anzugeben und die Anwendung des tieferen Wertes ist zu begründen. Weist die ElCom ihrerseits nach, dass der Abzug grösser als 20% oder grösser als der vom Netzbetreiber geltend gemachte Abzug sein muss, nimmt sie eine Korrektur vor.

2.3.6    Synthetische Bewertung gesamter Anlagen und abgrenzbare Anlageteile

Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholt festgehalten, dass mit der synthetischen Methode nicht bloss Lücken innerhalb einer Anlage geschlossen werden können (vgl. statt vieler Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-2786/2010 vom 10. Juli 2013, E. 4.2.3). Die synthetische Methode ermittelt immer den gesamten Anlagenwert. In einem späteren Urteil präzisierte das Bundesverwaltungsgericht, dass einzelne Leitungsabschnitte im Rahmen der Bewertung nach Möglichkeit klar zu unterteilen und voneinander abzugrenzen sind. Sofern die betreffenden Abschnitte ohne Einschränkung getrennt bewertet werden können, sind sie diesbezüglich als einzelne Anlagen zu betrachten und es sind grundsätzlich so viele Leitungsabschnitte wie möglich historisch zu bewerten (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-8638/2010 vom 15. Mai 2014, E. 5.3.4).

 

2.3.7    Geschätzte Werte

Lediglich geschätzte Einheitswerte oder Anschaffungsneuwerte sind nicht zulässig. 

 

2.4    Anlagenwerte (Kostenrechnung, Kapitel 2.4)

Das Formular «Anlagewerte» müssen Sie nicht ausfüllen – es bietet Ihnen eine Übersicht über Ihre historisch und synthetisch bewerteten Anlagen gemäss Ihren Angaben in den Formularen 2.2 und 2.3.

 

2.5    Anschlussbeiträge (Kostenrechnung, Kapitel 2.5)

Im Formular «Anschlussbeiträge» werden einzelne Fragen für die Netzbetreiber, welche lediglich eine Light-Version ausfüllen, nicht angezeigt.  

Kosten für Netzanschlüsse und Netzkostenbeiträge sind in der Kostenrechnung separat auszuweisen (Art. 7 Abs. 3 Bst. i StromVV).

Falls Sie Anschlussbeiträge erheben, können drei Methoden zur Anwendung kommen (vgl. VSE Empfehlung Netzanschluss für Endkunden (NA/RR – CH, Ausgabe 2019, Ziffer 5):

  • Bruttomethode: Sie aktivieren die gesamten entstandenen Kosten und passivieren die Einnahmen, d. h Sie weisen die gesamten entstandenen Kosten im regulatorischen Anlagevermögen mit positiven Werten und die Einnahmen mit negativen Werten aus. Diese negativen Werte werden über den gleichen Zeitraum aufgelöst, wie die Anschlussbeiträge abgeschrieben werden.
  • Nettomethode: Sie bringen die vom Kunden geleisteten Zahlungen in Abzug, bevor Sie die verbleibenden Kosten aktivieren.
  • In der Erfolgsrechnung erfasst: Die Beiträge werden erfolgswirksam erfasst, d. h sie werden von den regulatorischen Kosten im Betrachtungszeitraum kostenmindernd ausgewiesen.

Aus Sicht des Fachsekretariats ist die Bruttomethode den anderen Verfahren vorzuziehen.

Nur für die Vollversion: Bitte tragen Sie einerseits die Summe der Erlöse als Ist-Werte für die Jahre bis und mit 2023 und andererseits den im Jahr 2024 in Rechnung gestellten Totalbetrag ein.